Konstruktiv mit Eltern kommunizieren
Und dabei ein bewährtes Muster verwenden

27. Januar 2015   Dieser Vorschlag als PDF.
Wie ist es wirklich? ("Reality Check") 1

1993. Ein Vater kommt in die Volksschule, die seine beiden Kinder besuchen und möchte eine "Schulbesuchsbestätigung". Er braucht sie für die Familienbeihilfe.

Der Direktor der Volksschule beratet sich mit seinen Lehrerinnen und Lehrern, denn es stößt ihm sauer auf, dass die beiden Kinder nur sporadisch zum Unterricht kommen. Er verweigert dem Vater die Bestätigung mit dem Hinweis auf die unregelmäßige Teilnahme am Unterricht.

In der Folge kommen die beiden Kinder pünktlich zur Schule, zwei Wochen später erhält der Vater die ersehnte Schulbesuchsbestätigung. Ab diesem Tag erscheinen die Kinder wieder recht selten zum Unterricht.

Wie ist es wirklich? 2

Eine junge Mutter erzählt mit viel Liebe von ihrer Mutter. Als sie in die Volksschule ging, kam sie lange nicht gut mit, ihre Geschwister auch nicht. An manchen Tagen fehlte der Mutter die Kraft (sie hatte auch mit ihrem Mann - manchmal arbeitslos, in Lokalen unterwegs, Handgreiflichkeiten - Probleme), die Kinder in die Schule zu schicken. Sie saßen dann vor dem Fernseher und "zogen sich TV-Serien rein".

An diesem Tag allerdings forderte die Mutter die Kinder vehement auf, in die Schule zu gehen, um "etwas zu lernen". An diesem Tag, erzählt die junge Mutter, die heute selbst zwei Kinder im Vorschulalter hat, an diesem Tag kam sie drauf, dass sie ja doch mehr versteht als gedacht und die Schule machte ihr zum ersten Mal in ihrem Leben wirklich Spaß. Freudestrahlend ging sie nach Hause.

Die Beamten passten nicht gut auf. Und so bekam das kleine Mädchen einen ungemilderten Eindruck. Es war der Tag, an dem der Mutter, Blessur im Gesicht, die Kräfte ausgegangen waren und sie keinen Ausweg mehr für sich gesehen hatte. (Es gab damals noch nicht so gute Beratungseinrichtungen für Frauen wie heute.)

"Strafen" für Eltern, die nicht mit der Schule kooperieren?

Das scheint, wenn man es auf diesen einen Punkt reduziert, zu einfach gedacht, solche Situationen sind in der Realität meistens schwierig.

Schwierige Situationen brauchen Zeit und eine gute Vorgangsweise zur Lösung.

In der Wirtschaft* hat sich dafür ein Verfahren entwickelt und bewährt. Es könnte als Vorbild dienen.

Mein Vorschlag lautet daher:

Nehmen wir die Struktur des Mahnverfahrens in der Wirtschaft als Vorbild. Und benennen und befüllen wir dieses Verfahren so, dass es der menschlich schwierigen Situation "Eltern und Schule" entspricht.


Die menschliche Situation ist bei Zahlungsverzug wie Schulverweigerung oft ähnlich schwierig.

Das Mahnverfahren in der Wirtschaft, schematisch:
  • 1. Mahnung: sehr freundlich
  • 2. Mahnung: freundlich, mit deutlichem Hinweis
  • 3. Mahnung: Terminsetzung, Mahnspesen, Hinweis auf Konsequenzen
  • Schreiben des Rechtsanwalts, Spesen und Termin für Konsequenzen (oft in Kombinaton mit dem nächsten Punkt)
  • Klage des Rechtsanwalts, hohe Kosten und Eintritt der Konsequenzen

Dieses Verfahren muss für hundertfach verschiedene individuelle Situationen und Ursachen richtig sein - es hat sich in der Realität bewährt und perfektioniert.

Es hat viele Vorteile:
  • Es gibt Zeit, Versäumtes nachzuholen und, falls nötig, über die Ursachen nachzudenken.
  • Es erinnert mehrmals an etwas, das offensichtlich Probleme bereitet.
  • Es beginnt freundlich, es setzt die Verständigung an erste Stelle - und versucht es mehrmals.
  • Es erhöht den Druck langsam, stufenweise und auf transparente, vorhersehbare Art.
  • Es gibt klare Konsequenzen. (Dreh- und Angelpunkt.)
  • Es wirkt dadurch per se erzieherisch.

Wichtig: jede Stufe muss schriftlich kommuniziert werden. Einschreiben ab der 3. Stufe. Wegen der Rechtssicherheit - und das gibt auch noch die Möglichkeit, die Stufen mündlich zu ergänzen und zu kommentieren. Es führt zu einem strukturierten Ablauf mit vielen Einzelimpulsen. Eine Struktur hat - immer - große Vorteile, wenn Vorgänge mit vielen unterschiedlichen Menschen organisiert werden müssen.

Vorgegebenes Verfahren:
Ein vorgegebenes Verfahren (das nicht immer verpflichtend eingehalten werden muss, etwa wenn Gefahr im Verzug ist) entlastet alle - LehrerInnen und Eltern. Die Situation ist dadurch viel klarer für alle. Es muss dann nicht in jedem Fall neu überlegt werden, wie gehen wir jetzt vor? Und die Art des Vorgehens steht außer Diskussion - diese wird sonst "gerne" zu einem ablenkenden Nebenthema künstlich aufgebauscht.

Wording:
Es sollte natürlich nicht "Mahnung" etc. heißen, sondern klar, einfach und kommunikativ benannt werden. Ein Prozess, bestem Miteinander auch sprachlich verpflichtet. Ein gutes vorgegebenes Muster hilft allen Beteiligten.

*In der kleinteiligen, sehr menschlichen Wirtschaft, die die meisten naheliegenden Bedürfnisse befriedigt und einen großen Teil der Arbeitsleistung und Verdienstmöglichkeiten erbringt.

Dieser Vorschlag als PDF. (Gekürzt, eine A4-Seite)